Spätgotik
zurück zur Listeehemalige Klosterkirche St. Maria und Michael*
7075 Churwalden
Teil des ehemaligen Prämostratenserklosters:
Gegründet um 1164 vermutlich als Stiftung der Freiherren von Vaz, erwähnt 1191/96, zur Abtei erhoben 1446; nach der Reformation innerer und äusserer Zerfall, von 1599 bis 1807 durch Administratoren aus dem Mutterkloster Roggenburg in Bayern verwaltet, danach im Besitz von St. Luzi in Chur; aufgehoben bereits 1803; seit 1877 eigene kath. Pfarrei.
1646–1967 von beiden Konfessionen benutzt, seither katholisch Die erste Klosterkirche stand unweit der Brücke über die Rabiusa; Verlegung an den heutigen Standort 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts, abgebrannt 1472, Neubau 1477–1502 unter Wiederverwendung der Umfassungsmauern des romanischen Vorgängerbaus; Restaurierung und Grabung 1966– 1976.
Die gedrungene Anlage besteht aus einer dreischiffigen, gestuften Halle, dem quadratischen, einst durch eine Mauer abgetrennten ehemaligen Mönchschor und dem dreiseitig geschlossenen Altarhaus, wobei die ganze Chorpartie die Breite des Mittelschiffs aufweist. Die Anbauten zu Seiten des Mönchschors sind Rudimente der bis zum Altarhaus durchgehenden, apsidial geschlossenen Seitenschiffe des Vorgängerbaus. Der spätgotische Neubau übernahm also ein Bauschema, das mit jenem der romanischen Kathedrale Chur verwandt ist. Über dem ganzen Bau einheitliches Satteldach, Neueindeckung mit Schindeln 2001–02. An der Nordseite des Schiffs mächtiger unverputzter Turm mit Zeltdach, erbaut zwischen 1250 und 1330/40, renoviert 1511, gleichzeitig gemalte Zifferblätter mit Abt- und Klosterwappen. Rundbogiges Westportal mit profiliertem Bogen und (heute leerem) Wappenschild; Südseitig neuer Eingang mit Vorzeichen, über der Tür eingemauerte romanische Kapitellspolie mit zwei bartlosen Köpfen. Im zweijochigen Langhaus ruhen Netzgewölbe auf Wanddiensten, auf dem westlichen Schlussstein Klosterwappen. Über dem gemauerten Blockaltar des nördlichen Seitenschiffs ausgemalte Rundbogennische mit Marienkrönung um 1330/40 vom Waltensburger Meister; gleichzeitig die Sternbemalung der romanischen Fensterleibung an der Nordwand. Zwischen Mönchs- und Laienraum massiver begehbarer Lettner mit drei spitzbogigen Arkaden, auf der Vorderseite Reste einer gemalten Darstellung des Jüngsten Gerichts, datiert 1481; am Chorbogen Steinmetzzeichen und Jahrzahl 1502. Im ehemaligen Mönchschor auf Wanddiensten Rautengewölbe mit Schildbogen, im Altarhaus zweijochiges Sterngewölbe; Fenster erneuert. Spätgotische Sakramentsnische mit Holzauskleidung und Bemalung Ende des 15. Jahrhunderts.
Bedeutende Ausstattung: Hochaltar: Grosser spätgotischer Flügelaltar datiert 1477, die Figuren von Ulm her beeinflusst, die Tafeln oberrheinisch, restauriert 1972–74. Im Schrein thronende Muttergottes zwischen den heiligen Emerita und Augustinus, Magdalena (?) und Luzius; auf den beidseits bemalten Flügeln innen Verkündigung und Geburt Christi, aussen Heimsuchung sowie die heiligen Laurentius und Johannes der Täufer, auf der bemalten Predella Christus und die Apostel sowie die Klosterwappen; in der Bekrönung Kreuzigungsgruppe und die heiligen Paulus, Margaretha und zwei Engel, darüber Erzengel Michael; auf der bemalten Rückwand des Schreins Tod Mariä mit Stifter Abt Ludwig von Lindau, auf der Predella die Kirchenväter.
Luziusaltar, im südlichen Seitenschiff, vor gemalter Draperie um 1511: Spätgotischer Flügelaltar, datiert 1511, Figuren evtl. 1502, aus dem Umkreis des Jakob Russ. In flache Nischen unterteilter Schrein mit Statuen der heiligen Emerita, Luzius und Magdalena; auf den Flügeln Reliefs der heiligen Johannes Baptista und Petrus, auf den bemalten Aussenseiten Jünger beim Passahmahl und Abschied Christi von der Mutter; geschnitzte Predella mit Szenen aus der Passion Christi; in der Bekrönung Schmerzensmann, Maria und Johannes in dicht gereihten Tabernakeln; bemaltes Antependium mit letztem Abendmahl und Wappen des Klosters Churwalden und Österreichs um 1480.
Im nördlichen Seitenschiff Schmerzensmann um 1480, gleichzeitig ausdrucksvolles Kruzifix über dem Lettner. In der Nische oberhalb des Sakramentshäuschens Leidenschristus Ende des 15. Jahrhunderts. An der südlichen Chorwand Vesperbild 1. Viertel des 15. Jahrhunderts. In der Beichtkapelle südlich des Mönchschors spätgotisches Kruzifix sowie zwei Grabplatten des 13./14. Jahrhunderts. An der Westwand des Schiffs Fragment einer Grabplatte der Freiherren von Vaz aus dem 12./13. Jahrhundert mit Wappenschild. Weitere Grabsteine des 17. Jahrhunderts. Im Schiff Taufstein 1623. Orgel 1977.
(Kunstführer durch die Schweiz, Hg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Band 2, Bern 2005)
Literatur
Die ehemalige Prämonstratenser Klosterkirche St. Maria und Michael Churwalden, Schweizerische Kunstführer GSK, Nr. 611, Bern 1997.
Gegründet um 1164 vermutlich als Stiftung der Freiherren von Vaz, erwähnt 1191/96, zur Abtei erhoben 1446; nach der Reformation innerer und äusserer Zerfall, von 1599 bis 1807 durch Administratoren aus dem Mutterkloster Roggenburg in Bayern verwaltet, danach im Besitz von St. Luzi in Chur; aufgehoben bereits 1803; seit 1877 eigene kath. Pfarrei.
1646–1967 von beiden Konfessionen benutzt, seither katholisch Die erste Klosterkirche stand unweit der Brücke über die Rabiusa; Verlegung an den heutigen Standort 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts, abgebrannt 1472, Neubau 1477–1502 unter Wiederverwendung der Umfassungsmauern des romanischen Vorgängerbaus; Restaurierung und Grabung 1966– 1976.
Die gedrungene Anlage besteht aus einer dreischiffigen, gestuften Halle, dem quadratischen, einst durch eine Mauer abgetrennten ehemaligen Mönchschor und dem dreiseitig geschlossenen Altarhaus, wobei die ganze Chorpartie die Breite des Mittelschiffs aufweist. Die Anbauten zu Seiten des Mönchschors sind Rudimente der bis zum Altarhaus durchgehenden, apsidial geschlossenen Seitenschiffe des Vorgängerbaus. Der spätgotische Neubau übernahm also ein Bauschema, das mit jenem der romanischen Kathedrale Chur verwandt ist. Über dem ganzen Bau einheitliches Satteldach, Neueindeckung mit Schindeln 2001–02. An der Nordseite des Schiffs mächtiger unverputzter Turm mit Zeltdach, erbaut zwischen 1250 und 1330/40, renoviert 1511, gleichzeitig gemalte Zifferblätter mit Abt- und Klosterwappen. Rundbogiges Westportal mit profiliertem Bogen und (heute leerem) Wappenschild; Südseitig neuer Eingang mit Vorzeichen, über der Tür eingemauerte romanische Kapitellspolie mit zwei bartlosen Köpfen. Im zweijochigen Langhaus ruhen Netzgewölbe auf Wanddiensten, auf dem westlichen Schlussstein Klosterwappen. Über dem gemauerten Blockaltar des nördlichen Seitenschiffs ausgemalte Rundbogennische mit Marienkrönung um 1330/40 vom Waltensburger Meister; gleichzeitig die Sternbemalung der romanischen Fensterleibung an der Nordwand. Zwischen Mönchs- und Laienraum massiver begehbarer Lettner mit drei spitzbogigen Arkaden, auf der Vorderseite Reste einer gemalten Darstellung des Jüngsten Gerichts, datiert 1481; am Chorbogen Steinmetzzeichen und Jahrzahl 1502. Im ehemaligen Mönchschor auf Wanddiensten Rautengewölbe mit Schildbogen, im Altarhaus zweijochiges Sterngewölbe; Fenster erneuert. Spätgotische Sakramentsnische mit Holzauskleidung und Bemalung Ende des 15. Jahrhunderts.
Bedeutende Ausstattung: Hochaltar: Grosser spätgotischer Flügelaltar datiert 1477, die Figuren von Ulm her beeinflusst, die Tafeln oberrheinisch, restauriert 1972–74. Im Schrein thronende Muttergottes zwischen den heiligen Emerita und Augustinus, Magdalena (?) und Luzius; auf den beidseits bemalten Flügeln innen Verkündigung und Geburt Christi, aussen Heimsuchung sowie die heiligen Laurentius und Johannes der Täufer, auf der bemalten Predella Christus und die Apostel sowie die Klosterwappen; in der Bekrönung Kreuzigungsgruppe und die heiligen Paulus, Margaretha und zwei Engel, darüber Erzengel Michael; auf der bemalten Rückwand des Schreins Tod Mariä mit Stifter Abt Ludwig von Lindau, auf der Predella die Kirchenväter.
Luziusaltar, im südlichen Seitenschiff, vor gemalter Draperie um 1511: Spätgotischer Flügelaltar, datiert 1511, Figuren evtl. 1502, aus dem Umkreis des Jakob Russ. In flache Nischen unterteilter Schrein mit Statuen der heiligen Emerita, Luzius und Magdalena; auf den Flügeln Reliefs der heiligen Johannes Baptista und Petrus, auf den bemalten Aussenseiten Jünger beim Passahmahl und Abschied Christi von der Mutter; geschnitzte Predella mit Szenen aus der Passion Christi; in der Bekrönung Schmerzensmann, Maria und Johannes in dicht gereihten Tabernakeln; bemaltes Antependium mit letztem Abendmahl und Wappen des Klosters Churwalden und Österreichs um 1480.
Im nördlichen Seitenschiff Schmerzensmann um 1480, gleichzeitig ausdrucksvolles Kruzifix über dem Lettner. In der Nische oberhalb des Sakramentshäuschens Leidenschristus Ende des 15. Jahrhunderts. An der südlichen Chorwand Vesperbild 1. Viertel des 15. Jahrhunderts. In der Beichtkapelle südlich des Mönchschors spätgotisches Kruzifix sowie zwei Grabplatten des 13./14. Jahrhunderts. An der Westwand des Schiffs Fragment einer Grabplatte der Freiherren von Vaz aus dem 12./13. Jahrhundert mit Wappenschild. Weitere Grabsteine des 17. Jahrhunderts. Im Schiff Taufstein 1623. Orgel 1977.
(Kunstführer durch die Schweiz, Hg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Band 2, Bern 2005)
Literatur
Die ehemalige Prämonstratenser Klosterkirche St. Maria und Michael Churwalden, Schweizerische Kunstführer GSK, Nr. 611, Bern 1997.