Graubünden - Baukultur

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Waltensburger Meister
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Ehemalige Pfarrkirche St. Paul

Via Nova | 7403 Rhäzüns
In erhöhter Lage am westl. Dorfrand.
Die heutige Kirche, ein Saalbau mit gerade geschlossenem Chor, ist durch etappenweise Vergrösserung entstanden; sie enthält Wandmalereien vom 13.–17. Jh. Zu einer Zweichoranlage umgestaltet vor 1423 durch räumliche Verschmelzung einer roman. Saalkirche mit tonnengewölbtem Rechteckchor aus dem 12./A. 13. Jh. (Giebelplatten aussen sichtbar) mit der vor 1330/40 seitlich angebauten mutmasslichen Begräbniskapelle der Herren v. Rhäzüns, gleichzeitig Verlängerung des Schiffes; zur heutigen Anlage erweitert um 1500 (oder um 1620?) durch eine erneute Verlängerung des Schiffs, die Aufhebung der Trennwand im Chor, den Abbruch der beiden Chorgewölbe und den Einbau eines gedrückten spitzbogigen Chorbogens; das urspr. Bodenniveau der S-Kapelle wurde damals um 1,50 m auf das heutige Niveau angehoben. N-Turm vor 1330/40, erhöht 1. H. 15. Jh. und um 1500 (oder um 1620?), in den gekuppelten Fenstern Säulchen mit Würfelkapitellen, gezimmertes OG und achtseitiger Spitzhelm. Beinhaus an der W-Front wohl nachmittelalterl., mit offener Vorhalle kombiniert; Sakristei 1683. Rest. 1988–92, vorgängig baugeschichtliche Teiluntersuchung.

An der Aussenwand des Chors Bild des hl. Christophorus um 1330/40 vom Waltensburger Meister. Im Schiff und dem leicht abgewinkelten Rechteckchor flache bemalte Holzleistendecke des 17. Jh.

Wandmalereien in sieben Schichten:

1. Im Sockelbereich der Stirnwand der ehem. N-Kapelle Vorhangdraperie wohl E. 13. Jh.

2. Im bodennahen Bereich an der S-Wand des ehem. S-Chors Reste lebensgrosser Heiligenfiguren um 1330/40 vom Waltensburger Meister: hl. Anna mit Maria, hl. Bischof, Schutzmantelmadonna; von gleicher Hand an der OWand des ehem. S-Chors gewandete Figur und Nikolaus als Retter der in Not geratenen Seeleute.

3. Im oberen Bereich der S-Wand im ehem. S-Chor sechs Ritter mit Rhäzünser Wappen und Rest eines Auferstehungschristus mit Maria und Joh., letztes V. 14. Jh.

4. An der überwölbten O-Wand des ehem. N-Chors hl. Sebastian und Bekehrung des Saulus, dat. 1432, von gleicher Hand Rest dreier gewandeter Figuren an der N-Wand.

5. Im Schildbogen des ehem. S-Chors die hll. Agnes, Petrus, Paulus und Barbara 2. H. 15. Jh.(?), zeitgleich der teilweise freigelegte hl. Georg an der N-Wand des Schiffs (hinter der Kanzel).

6. An derselben Wand manieristische Darstellungen aus der Jugend und Passion Christi E. 16. Jh.

7. An O- und N-Wand des Chors, an S- und W-Wand des Schiffs sowie an der Decke und am Chorbogen figürliche, heraldische und ornamentale Darstellungen 1646–47.

Choraltar M. 17. Jh., mit spätgot. Paulusfigur A. 16. Jh. und Papiermaché- Kopien der Reliefs vom spätgot. Altar der Kirche St. Georg, Rhäzüns; Seitenaltäre 17. Jh., der Rechte aus Stuck dat. 1671. Unter dem Chorbogen Kreuzigungsgruppe mit spätgot. Kruzifix und hl. Johannes und Maria in Silhouettenform 17./18. Jh. Im Chor acht ausgetretene Bodenepitaphien 16.–18. Jh. Kanzel laut Inschrift 1625 von Anton Gion und Melchior Hart. Empore M. 18. Jh. aus der neuen Pfarrkirche.

(Kunstführer durch die Schweiz, Hg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Band 2, Bern 2005)

Literatur
Die Kirchen in Rhäzüns. Nossadunna - Sogn Paul - Sogn Gieri, Schweizerische Kunstführer GSK, Nr. 755, Bern 2004