Graubünden - Baukultur

Logo Kantonsbibliothek Graubünden Kantonsbibliothek Graubünden
Biblioteca chantunala dal Grischun
Bliblioteca cantonale dei Grigioni
Romanischer Kirchenbau
zurück zur Liste

Kirche St. Luzi*

Über dem Hof | 7000 Chur/Cuira/Coira
Für die Schweiz einzigartige Beispiele einer karolingischen Ringkrypta und eines dreischiffigen spätromanischen Hochchors.

An der Stelle einer bereits um 400 bestehenden Andreasmemorie, die wahrscheinlich mit Reliquien des Apostels ausgestattet war und als Grablege der ersten Churer Bischöfe diente, erbaut als karolingischer Dreiapsidensaal 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts (um 730?), als Grablege für die mächtige Familie der Viktoriden/ Zacconen. Übernahme durch die Prämonstratenser um 1140; anschliessend romanischer Umbau und Erweiterung nach Westen, geweiht 1295; spätgotische Einwölbung und Neubefensterung des Schiffs um 1500. Nach Brand von 1811 der Chorturm abgetragen und über der Kirche zwei Geschosse für das Priesterseminar aufgebaut, neuer Turm 1937; restauriert 1951–52 von Walther Sulser.

Vor dem Eingang Glocke datiert 1789 von Ludwig Keiser. Langhaus mit karolingischem Mauerwerk im östlichen Teil der Südwand; im Ostjoch Reste von romanischen Wandpfeilern, übrige Pfeiler des ehemaligen Gewölbes um 1500; flache Holzdecke und Orgelempore 1951–52; Mosaiken, Wand- und Glasmalereien von Hans Baumhauer, 1951–55; Orgel 1966. Der über Seitentreppen zugängliche Hochchor besteht aus einem Vorchor, dem dreischiffigen Chor und einem rechteckigen Altarhaus. Am Boden der Grundriss des alten karolingischen Dreiapsiden-Chors markiert. Spätgotischer Schnitzaltar, aus mehreren Teilen unterschiedlicher Provenienz zusammengesetzt: Schrein mit Muttergottes und zwei Heiligen (Luzius und Emerita?) aus dem Beinhaus in Cunter, Schreinwächterfiguren Maria und heiliger Johannes Evangelist unbekannter Herkunft, die Predella aus Falera, Antependium aus Ruschein.

Krypta. Eine Mitteltreppe führt in die romanische Vorkrypta (Hallenkrypta) hinab, die durch drei Arkaden gegen das Schiff geöffnet und durch vier Rundpfeiler mit erneuerten Würfelkapitellen in sechs kreuzgratgewölbte Joche unterteilt ist, renoviert 1991; in der Nordwand heute vermauerter Zugang zu einem spätantiken-frühmittelalterlichen Hypogäum, davor Pietà 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts aus dem Kloster St. Johann in Toggenburg, restauriert 2000; in der Westwand Äbte-Grabsteine 17. Jahrhundert. Zu beiden Seiten leiten einige Stufen zur tonnengewölbten karolingischen Ringkrypta empor. Im mehrfach gebrochenen Halbkreisgang öffnet sie sich in ihrem Scheitel mit einem Stollen nach Westen zur zentral gelegenen Confessio (Heiligengrab und Grabaltar), über dessen westliche Schildwand sich ehemalig ein kleines Fenster zur Vorkrypta öffnete, vor dem die Reliquien des heiligen Luzius ausgestellt waren; die sich im Scheitelpunkt des Umgangs nach Osten hin öffnende tonnengewölbte Gruftkammer (so genanntes Emeritagrab) wohl erst im 9./10. Jahrhundert errichtet.

(Kunstführer durch die Schweiz, Hg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Band 2, Bern 2005)